Ich bin frei!
Frei so viel zu schreiben, wie ich möchte und, Menschenskinder, wie ich diese Freiheit ausnutze.
Wie ich zuvor schon erzählt habe, waren meine bisherigen Notizbücher immer 80 Seiten stark und A5-Format groß. Dieser Platz hat immer für einen Monat gereicht, meistens sogar locker; am Ende blieben meistens zwei, drei Seiten leer.
Nur im Dezember letztes Jahr nicht. Zugegeben, das Notizbuch fasste nicht nur den finalen Monat des Jahres, sondern schon den November. Aber es reichte halt nicht, um ein paar Seiten nur. Also nahm ich mir eine einzelne Lage, ein Stück Karton und einen Streifen Buntpapier und bastelte mir als Übergangslösung ein Heft mit Schulheft-Heftung.
Die Übergangslösung für meine Notizbücher bleibt
Obwohl es mir jederzeit frei steht, ein neues Buch zu binden, und ich auch mein liebstes Papier, das doree V120 von boesner, immer auf Lager habe, waren die 80 Seiten pro Monat eine Grenze, die ich nie überschritten habe. Das war kein bewusster Vorgang, nichts wo eine Absicht hinter stand, die über den Gedanken: »Ohoh, da sind nicht mehr viele Seiten für den Monat übrig.« Hinaus gingen.
Aber es ist ja gerade das Schöne an physischen Büchern, dass man mit einer Berührung, einem flüchtigen Blick bemessen kann, wie viele Seiten noch bleiben, bis das Ende erreicht ist.
Bei einem Notizbuch hat es sich für mich als unpraktisch, begrenzend und einengend erwiesen. Ich möchte nicht unterbewusst meine Gedanken beschränken nur, weil die verbleibenden Seiten mir suggerieren, dass sie keinen Platz mehr haben.
Eine einzelne Lage in ein Heft zu binden ist, bricht diese Vorstellung auf: In 5 Minuten sind frische, unbefleckte Seiten zugeschnitten, vorgestochen und eingeheftet. Bereit für neue Gedanken.
Im Umkehrschluss habe ich damit unendlich viele Seiten für mein Notizbuch, denn ich entscheide erst später, wie viele Lagen ich zu einem Buch binde.
Vielleicht so viele, wie ich gerade schön finde.
Oder so viele, wie es braucht um ein bestimmtes Projekt umzusetzen.
Oder alle, die eine bestimmte Phase oder Stimmung umfassen.
Ich freue mich jetzt schon darauf, den richtigen Moment für die Bindung zu finden und die passende Gestaltung, Materialien und Technik für dieses und die folgenden Bücher zu finden.
Der Buchbinder hat immer die Wahl
Als buchbindender Mensch bist du nicht darauf angewiesen Notizbücher, Kalender und gedruckte Werke so zu nehmen, wie sie sind.
Es steht dir frei, deine eigenen Notizbücher auf deine Bedürfnisse speziell anzupassen.
Du kannst dir selber einen Kalender entwerfen und die so viel oder so wenig Raum für jeden einzelnen Tag nehmen, wie dein Leben braucht.
Du kannst aus einer schnöden Taschenbuch-Ausgabe deines Lieblingsbuches einen in Leder gebundenen Schmöker machen, der nicht nur Innen brillant geschrieben, sondern auch Außen meisterhaft gearbeitet ist.
Diese Freiheit und tiefere Verbindung mit den Büchern, die mich täglich umgeben ist, einer meiner Gründe, warum ich die Buchbinderei liebe und warum ich dich sie lieben und entdecken lassen möchte.
Wie sieht dein optimales Notizbuch aus? Fühlst du dich limitiert durch eine Seitenzahl, oder findest du sie beruhigend? Teile deine Gedanken.
Georg
tolle Seite, tolle Anleitungen, ich habe aber ein spezielles Problem, dessen Lösung ich bei dir leider nicht finden konnte, die aber zu diesem Projekt passt.
Ich habe gern ein Notizbuch für jedes Thema mit dem ich mich beschäftige. Leider weiß ich im voraus nicht, wie lange oder intensiv ein Thema wird. Deswegen suche ich nach einer Möglichkeit, das ein Notizbuch mit dem Thema mitwachsen kann - ich also im Nachhinein zusätzliche Lagen hinzufügen kann.
Hast du da eine Idee?
Franja Marske
ich verstehe dein Problem vollkommen :D Ich habe mir selbst darüber Gedanken gemacht.
Die besten Lösungen, die mir bis jetzt eingefallen sind:
1. Das Notizbuch gar nicht erst binden. Also wie in historischen Handschriften die Lagen ungebunden beschriften und sammeln. Wenn dann eine brauchbare Trennlinie erreicht ist, können die Lagen zu einem Buch zusammengefügt werden. In der Zwischenzeit können die Lagen in einer Hülle (Travelers Journal) oder einlagigen Heftung (Schulheftheftung) transportiert werden. (-> https://www.selberbuchbinden.de/blog/neue-art-notizbuecher/)
2. Das Notiz als Interrimsband binden: Das ist eine leichte Heftung mit wenigen Stichen und Leim in einem leichten Umschlag, die dazu gedacht ist wieder aufgelöst und in einen schönen Einband gebunden zu werden. Die Idee dabei ist, leichte Notizbücher zu sammeln und nach einem sinnvollen Zeitraum/Themenraum in ein Buch zusammenzufassen.
3. Aktenstichheftung/ Langstichheftung: Eine preußische Variante Unterlagen zusammen zuführen. Eine Lage wird dabei immer einzeln auf einen Träger geheftet. (-> https://www.selberbuchbinden.de/blog/der-versuch-einer-langstich-heftung/)
Wie du siehst sind's eine Menge Ideen. Tatsächlich sind im Zirkel der Selberbuchbinder einige mehr Anleitungen, das Thema kommt immer wieder auf – auch in Bezug zu Kalendern.
Ist für dich eine Idee dabei?
Herzliche Grüße
Franja
Karolina
Zunächst möchte ich Dir sagen, dass du tolle Arbeit machst!
Ich habe schon ein Paar Bücher selber gemacht, heute aber ist mir zum ersten Mal folgendes passiert: der Vorsatz hat sich um 2-3 mm nach einleimen (und leider ankleben) verbreitert. Nicht nach oben und unten, sondern rechts am Schnitt parallel zum Rücken. Was habe ich falsch gemacht? War das Vorsatzpapier zu dünn?
Schöne Grüße
Franja Marske
das ist ein normaler Effekt, der mit den Papierfasern zu tun hat. Die werden dicker, wenn sie sich mit dem Wasser im Leim vollsaugen und dadurch wird das Papier breiter. (Mehr -> https://www.selberbuchbinden.de/blog/laufrichtung-von-papier/)
Du hast drei Einflussmöglichkeiten:
- Schneller anleimen und aufkleben, damit die Fasern weniger Zeit haben sich vollzusaugen
- Trockeneren Leim nehmen, der sich aber noch gut verteilen lässt, damit du nicht länger brauchst
- ein anderes Papier, wobei es von Außen nicht zu sehen ist, wie sehr ein Papier "geht". Das musst du austesten. Dicker ist nicht unbedingt besser.
Alles in allem ist es eine Frage der Erfahrung. Wenn du bei einem bestimmten Papier weißt, wie sehr es geht, kannst du die Seite entsprechend vorher kürzen.
Karin Neff
ich bin Autorin und schreibe an einem Thriller, bei dem ein altes Buch eine Schlüsselrolle spielt. Die Heldin glaubt, dass zwei Menschen sterben mussten, weil das Buch, ein Notizbuch, das auf ein sehr viel älteres "Hexenbuch" zurückgeht, gefährliches Wissen enthält. Dann erfährt die Heldin, ihr Buch ist angeblich weder etwas wert noch gefährlich. Es ist nur ein altes Notizbuch. Sie muss sich damit abfinden, bis sie erkennt, dass zwei Seiten sorgfältig aus dem Buch herausgetrennt wurden. Ich habe mal gesehen, dass Bücher eine Fadenbindung aufweisen, die man suchen muss (?) und dann kann man die Fäden mit einem scharfen Messer auftrennen und herausnehmen. Meine Frage: geht das auch bei Notizbüchern (ich beschreibe das Buch als altes Tagebuch)und würde man das erkennen können, wenn man Rückstände von Fäden sieht? Ich würde mich sehr freuen, wenn du mir mit deinem Fachwissen weiterhelfen könntest, liebe Grüße Karin
Franja Marske
interessante Frage. Ich freu mich sie dir beantworten zu können.
Wenn du ein Buch mit einer Fadenheftung hast, kannst du die Fäden in der Mitte einer jeden Lage sehen. Um die Mitte der Lage zu finden, kannst du am Schnitt am Rücken gucken, dort laufen die gefalzten Bogen der Lage zusammen und du kannst die Mitte schnell finden.
Wenn du allerdings die Fäden aufschneidest, können alle Blätter der Lage rausfallen und die Heftung an sich verliert an Stabilität. Bei einem Lesebuch nicht zu sehr, aber ein häufig durchblättertes Notizbuch kann schon merkbar auseinanderfallen.
Aufgeschnittene Fäden würde man als ziemlich schnell erkennen, vielleicht zu schnell.
Stattdessen könnte deine Heldin bemerken, dass Seiten in der Mitte einer Lage fehlen, denn dann unterscheidet sich die Anzahl der Blätter dieser Lage von der Anzahl der Blätter anderer Lagen.
Alternativ kann man Seiten irgendwo heraustrennen, dicht am Bund. Wenn man eng an den Falz geht und ein Messer verwendet, fällt das auf den ersten Blick nicht unbedingt auf. Hierbei fallen irgendwann die gegenüberliegenden Blätter aus dem Buch.
Ich hoffe die Ausführungen helfen dir weiter. Ich kann dir empfehlen, selber ein Buch mit Fadenheftung zu binden, dann wird auch visuell klar, was ich meine. Eine Anleitung dafür findest du hier bei Selberbuchbinden ^.^
Ich wünsch dir noch viel Spaß bei deinem Buch-Projekt. Herzliche Grüße Franja
Karin
erstmal vielen Dank für deine Antwort. Das Notizbuch stammt aus den 40er Jahren und ist so eine Art Tagebuch. Vielleicht nehme ich das mit den lockeren Seiten, die locker geworden sind, weil man an anderer Stelle Seiten herausgetrennt hat.
Brita Stauf
Liebe Grüße
Brita Stauf
Franja von Selberbuchbinden
das klingt nach viel Spaß. Das mit den Visitenkarten-Einstechtaschen ist auch eine coole Idee.
Schöne Grüße Franja
Was denkst du?