Gehe zum Buchhändler deines Vertrauens und frage ihn nach Büchern übers Buchbinden. Ach, nein, Scherz. Ich bin zwar dafür, dass du deine Bücher über den örtlichen Buchhändler kaufst, aber das Recherchieren nach dem passenden Buch geht übers Internet einfacher.
Ich möchte dir hier einen groben Überblick geben über die vielfältige Lektüre zum buchigsten Handwerk.
Ich teile hierfür die vorhandenen Bücher übers Buchbinden in zwei Klassen ein.
Die moderne Bücher übers Buchbinden
Diese Bücher sind dir bestimmt schon begegnet, sie liegen schließlich in den DIY-Abteilungen von großen Buchhandlungen aus oder werden dir als Erstes angezeigt, wenn du im Internet nach Büchern übers Buchbinden suchst.
Pro Jahr erscheinen zwei, drei neue Werke, manchmal von Autoren aus Deutschland, Österreich oder Schweiz, manchmal internationale Übersetzungen. Letztere sind manchmal schwierig zu verstehen, was vermutlich an den Fachbegriffen und der allgemeinen Schwierigkeit liegt, Anleitungen präzise und ansprechend zu schreiben.
Die Bücher sind teils großartig, teils mau.
Sie lassen sich nochmal unterteilen, in Bücher, die sich ausschließlich dem Buchbinden widmen, und jenen, die verschiedene Handwerke und Kreativtechniken miteinander verbinden.
Diese Bücher sind meisten in Projekten aufgebaut. Es gibt eine reichbebilderte Vorstellung, von dem was du erschaffst, wenn du der Anleitung folgst, die sich auf den nächsten Seiten befindet. Die Anleitungen selbst sind meistens mit Fotos illustriert. Manchmal sind zusätzliche Skizzen dazugestellt, die Arbeitsschritte abbilden, die auf einem Foto nicht gut dazustellen sind.
Ein Beispiel ist der Durchlauf eines Fadens durch eine Lage beim Fadenheften. Bei einem Foto lässt sich das nicht abbilden, während eine Zeichnung das Papier transparent darstellen kann.
In diesen Büchern sind häufig viele Buchbinde-Techniken auf kleinen Raum gepackt. Eine Anleitung umfasst dann ein oder zwei Doppelseiten und geht aufgrund dieser Begrenzung nicht in die Tiefe.
Dafür ist am Anfang eines solchen Buches häufig ein Kapitel vorgestellt, in dem die benötigten Werkzeuge und Materialien vorgestellt und ein paar technische Grundsätze erläutert.
Bunte Bücher von Michaela Müller
Die Bücher von Michaela Müller aus den Jahren 2017 und 2019 sind klassische Vertreter der kreativen Bücher, die sich nicht nur dem Handwerk des Buchbindens widmen sondern auch verwandten Techniken ums Drucken oder Nähen. Die beschriebenen Buchbinde-Projekten entsprechen nicht unbedingt, dem Standard des professionellen Handwerkers, mit wenig Geschick und Kreativität können bunte, vielfältige Bücher entstehen.
Spannend ist diese Buch durch die Kombination der verschiedenen Gewerke und bietet damit fortgeschrittenen Buchbindern Inspiration selbstgebundende Bücher mit selbst gedruckten Papieren zu gestalten.
Handwerk Buchbinden von Josep Cambras
Dieses Buch hat ein spanisches Original (2003) und ist eines der wenigen modernen Bücher der Buchbinderei, das sich den höheren Weihen der Buchbinderei widmet. Es geht um stabile Heftungen, Leder-Verarbeitung, Einband-Gestaltung und Vergoldungen. Zum Schluss wird noch beschrieben, wie du einen Schuber oder eine Kassette für dein hochwertig gefertigtes Buch herstellen kannst.
Dieses Alleinstellungsmerkmal ist leider auch das Problem dieses Buches, denn es möchte alles auf kleinstem Räum erklären. Die Beschreibungen von Materialien, Werkzeugen und Arbeitsschritten werden schnell abgefertigt und geht dabei kaum in die Tiefe. Die Bilder helfen dabei nicht unbedingt weiter und werden leider nicht durch übersichtlichere Zeichnungen ergänzt.
Dieses Buch zeigt was möglich ist, bietet aber nicht unbedingt eine brauchbare Anleitung für den Weg dorthin.
Franja empfiehlt: Bücher übers Buchbinden sind nicht die einzige Möglichkeit das Binden von Büchern zu lernen. Alternativen wären ein Workshop oder der Zirkel der Selberbuchbinder, den ich auf dieser Seite anbiete. In ihm teile ich nicht nur Schritt-für-Schritt-Anleitungen im Video-Format, sondern auch meine Erfahrung in Live-Meetings.
Buchbinderische Fachliteratur
Es gibt klassische Lektüre der Buchbinderei. Sie stammen aus einer Zeit, als das moderne Buchbinde-Handwerk seinen Höhepunkt hatte - aus den spätem Jahren des 19. Jahrhunderts bis zur Mitte des 20. Jahrhundert. Geschrieben wurden sie von Buchbinder-Meistern. Menschen, die Leben, ihre Schaffungskunst dem Buchhandwerk gewidmet haben.
Zu dieser Zeit hat es sich noch gelohnt, Bücher speziell für Lehrlinge des Handwerks zu konzeptionieren und somit richten sich diese Bücher an Profis in Ausbildung und engagierte Amateure. Entsprechend führen sie den Leser tief in die Materie und erklären Details und Variationen in aller Geduld und Raum.
Sie enthalten spannendes Hintergrundwissen, nicht nur über europäische klassische Buchbinderei, sondern auch die Geschichte des Buches, des Handwerk und besondere Materialien.
Es ist eine traditionelle Aufgabe für einen Buchbinder-Lehrling eines dieser Bücher selbst einzubinden. Diese Bücher sind zum Teil in Rohbögen zu bekommen; das heißt der Text ist wie in der Originalausgabe abgedruckt und zu Lagen gefalzt. Der Buchblock ist dabei nicht geheftet oder beschnitten, also perfekt, um selbst Hand anzulegen und das Buch nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Häufig können die Buchbinde-Lehrlinge am Ende ihrer Ausbildung an so einem Buch ihre Fähigkeiten beweisen.
Der größte Nachteil an diesen Büchern ist die veraltete Sprache und bei Faksimile-Ausgaben mitunter auch das in Fraktur gesetzte Schriftbild.
Dazu verstehen sich diese Bücher berufsbegleitend oder als fortgeschrittene Lektüre für Experten. Ihr Niveau ist entsprechend hoch angelegt und sie sind nicht so leicht zugänglich strukturiert, wie moderne Bücher. Fachbegriffe werden vorausgesetzt, ebenso wie das Wissen um den Umgang mit den grundlegendsten Werkzeugen. Die Bilder sind keine Fotografien, sondern Zeichnungen oder Drucke in meistens ausgezeichneter Qualität und Aussagekraft.
Wenn du nicht das Glück hast eine handgebundene Ausgabe oder ein Exemplar in Rohbögen zu ergattern, bleiben dir bedauerlicherweise nur neue Auflagen in mieser Bindung.
Das gleiche gilt für Fachbücher mit spezifischen Themen, die sich an Profis richten. Diese werden meistens in kleiner Auflage oder im Book-on-Demand-Verfahren von den Autoren selbst aufgelegt und entsprechen gestalterisch nicht den aufpolierten, modernen Werken der kreativen Buchbinderei, weil ihre Auflage viel kleiner ist.
Trotzdem sind sie in ihrem enthaltenen Wissen meistens ausgezeichnet.
"Headbands: How to work them" von Jane Greenfield & Jenny Hille oder "Die Kapitale" von Claus Maywald-Pitellos & Friedrich Prenzlau
Diese beiden Bücher sind exemplarisch für aktuelle Literatur; veröffentlicht wurde die englische Version 1986 und die deutsche 2002. Dabei handelt es sich nicht einfach um ein englisches Original und eine deutsche Übersetzung. Letztere ist eher an dem Original inspiriert, um eine Lücke in den Fachbüchern zur Buchbinderei in Deutschland zu schließen.
Während das Buch fachlich hervorragend ist und alles gut erklärt, ist die Gestaltung des Inhalts leider eher mäßig. Der Text ist in unangenehm großer Schrift gesetzt und die Zeichnungen sind unscharf. Die englische Ausgabe ist in dieser Hinsicht schöner gearbeitet. Beide sind nur dünne Bücher mit Klebebindungen und zweifach gerilltem Umschlag. Ein schöner gefertigtes Buch wäre schöner, sie tun aber ihren Zweck.
Systematisches Lehr- und Handbuch der Buchbinderei und der damit zusammenhängenden Fächer in Theorie und Praxis von Paul Adam
Ja, dieses Buch, beziehungsweise Bücher, denn es sind drei Bände, heißt wirklich so - alleine deswegen ist es einer meiner Favoriten. Ich habe dieses Buch als Rohbogen gekauft, du kannst es dir allerdings auch als digitalisierte Version anschauen.
Paul Adam ist ein bedeutender deutscher Buchbinder-Lehrer, der diese bis heute beliebte Reihe geschrieben hat. Er geht sehr detailliert auf die verschiedenen Techniken ein und entführt die Leser von A bis Z in die Techniken der Buchbinderei. Natürlich entspricht der Stand nicht den heutigen Möglichkeiten; Materialien und Werkzeuge wurden in über einem Jahrhundert weiterentwickelt - eine Anleitung für eine Klebebindung suchst du hier demnach vergebens.
Adam widmet sich allen Bereichen zur Herstellung eines guten Buches mit aller Ausführlichkeit und berührt alles was damit zu tun hat. Sein persönliches Steckenpferd scheint dabei die Gestaltung des Buch zu sein. Dies ist nicht nur in dem Hauptwerk zu bemerken, sondern auch in seinen ergänzenden Werken, die sich hauptsächlich, um Dekor-Techniken und Buch-Gestaltung drehen.
Fazit
Literatur zum Buchbinden gibt es eine Menge. Wunderbarerweise ist für jeden etwas dabei.
Bevor du dich für ein Buch entscheidest, finde heraus, in welche Richtung dein buchbinderisches Schaffen gehen soll. Wenn du viele eher einfache Techniken miteinander kombinieren, Farben und Formen spielen lassen und schnell Projekte umsetzten möchtest, kannst du nach den modernen Büchern greifen. Sie enthalten leichte Anleitungen und regen mit ihren Bildern und Geschichten deine Kreativität an. Auch Anfängern sind die besseren dieser Bücher zu empfehlen, da in diesen die Techniken einfach verständlich vermittelt werden.
Die alte Fachliteratur ist hingegen genau das richtige für dich, wenn du im Handwerk versinken möchtest und das Ziel hast, Bücher mit Ganzleder-Einband und Fileten-Prägung zu binden. Stelle dich auf intensive Lektüre und viel Ausprobieren und Lernen ein, doch das Ergebnis ist die Mühen wert. Du wirst mit der Zeit in der Lage sein atemberaubende Bücher zu binden und regelrechte Kunstwerke zu erschaffen.
Was denkst du?