Vor einigen Jahren machte ich mir einen Traum wahr. Eine eigene Buchbinderei.
So richtig.
Mit eigenen Räumen, 60 m² Platz und vier großen Werktischen.
Gerade mal vier Jahre später war die Erkenntnis in mir gereift, dass ich das alles gar nicht brauche. Seit dem habe ich einen luxuriösen Werktisch in meinem Arbeitszimmer. Den siehst du immer auf meinen Fotos. Meine große Presse und mein großer Hebelschneider und ein Teil meines Materials stehen im Keller.
Doch ich bin glücklich mit dieser Variante und vermisse nichts.
Was du für die Werkstatt deiner Träume, oder zumindest den ersten Entwurf davon, brauchst, verrate ich dir in diesem Beitrag.
Wie viel Platz brauchst du für deine Buchbinderei?
Eine klassische Handwerksbuchbinderei umfasst mindestens einen großen Raum von mindestens 100 m². Es gibt auch Varianten, bei der verschiedene Arbeitsstationen verschiedene kleineren Räume verteilt sind.
Um dir deine Buchbinderei zu Hause einzurichten brauchst du jedoch nur einen Bruchteil des Platzes.
Natürlich ist ein eigener Raum, wo du deine Sachen auch mal liegen lassen kannst, die optimale Variante. Doch im Prinzip reicht ein umfunktionierter Esstisch vollkommen aus. Es geht natürlich auch jede andere Art von Tisch oder Arbeitstheke. Eine Arbeitshöhe an der du bequem stehen kannst, wäre optimal. Bei mir, als kleiner Frau sind 70 – 80 cm die genau passende Höhe.
Um ein Buch zu Binden und nicht mit deiner Umgebung ins Gehege zu kommen, sollte dein Arbeitsplatz ein Quadratmeter groß sein. Die Maße ein Meter mal ein Meter wären ideal; wenn eine Seite deines Platzes kürzer ist, macht es allerdings auch nichts.
Der eine Meter in eine Richtung ist praktisch, denn manche Materialien, wie zum Beispiel Pappe, haben standardmäßig eine Länge von 100 cm auf 70 oder 80 cm. Damit kannst du dein Material für den Zuschnitt vollständig auf deinem Arbeitsplatz positionieren.
Welche Kriterien müssen noch erfüllt sein?
Dein Arbeitstisch sollte eine glatte Oberfläche haben, am Besten lackiertes Holz oder glatter Kunststoff. So kannst du deine Oberfläche von Leimresten befreien, indem du ihn mit einem feuchten Schwamm abreibst. Mach die Oberfläche nass und lass es einwirken, damit sich der Leim anlöst und wische ihn dann ab.
Aus dem gleichen Grund steht dein Arbeitstisch am Besten auf einem glatten Fußboden. Aus Teppich bekommt man Leimflecken nicht mehr heraus.
Wie schon zu erraten, ist ein Wasseranschluss wichtig. Am Einfachsten lässt sich Leim von Oberflächen und aus Pinseln waschen, wenn das Wasser lauwarm ist. Für das Anrühren und Verdünnen von Leim und Kleister benötigst du kaltes Wasser.
Strom ist nicht nur wichtig, damit du deinen Arbeitsplatz gut beleuchten kannst. Auch wenn es in einer reinen Handwerksbuchbinderei nicht häufig vorkommt, benötigst du manchmal Strom. Zum Erhitzen von Fileten und Stempel für Prägungen oder wenn du Deckel aus Holz bearbeiten willst. Es gibt auch noch weitere Geräte, die dir die Arbeit erleichtern und die teilweise Strom brauchen – "große" Schneidmaschinen, Rückenrunde-Hilfen und Lederschärfmaschinen zum Beispiel.
Apropros Holz: Wenn du eine Hobbywerkstatt für Holzarbeiten zur Verfügung hast, bietet dir diese schon vieles was du für deine Buchbindewerkstatt brauchst. Am Besten saugst und wischst du sie einmal ordentlich durch und entfernst so viel Staub wie möglich. Erstmal hast du dadurch besser Luft zum Atmen und zum Anderen, wird dein Leim es dir danken, wenn er nicht direkt nach dem Auftragen mit jede Menge Staub berieselt wird.
Das letzte Kriterium gilt Temperatur und Luftfeuchtigkeit in deiner Werkstatt. Optimal ist ein normales Raumklima wie in einem Wohnraum; zwischen 18 - 22 C° und ca. 50% Luftfeuchtigkeit. Das macht das Arbeiten selber nicht nur angenehmer, sondern ist auch gut fürs Material. Papier und Pappe reagieren empfindlich auf schwankende Luftfeuchtigkeit und Dispersionsleim verliert seine Klebkraft, sollte er an einem kalten Wintertag mal einfrieren. Er schaut weiterhin normal aus, hält aber nach dem Trocknen nicht.
Die Ausstattung deiner Heimbuchbinderei
Wenn du in eine handwerklichen Buchbinderei eintrittst, werden du trotzdem einige große Geräte und Maschienen überraschen. Manche von ihnen benötigen Strom, um ihre Arbeit zu verrichten; die klassischen unter ihnen allerdings nicht. Darüber hinaus sind die meisten von ihnen für deine Heimwerkstatt unbrauchbar, denn überproportioniert.
Zu Beginn benötigst du nur dein Werkzeug. Alles was du mit einer großen Maschine machen kannst, schaffst du mit mehr Kraft- und Zeitaufwand auch per Hand mit kleinem Werkzeug. Das spart dir zu Beginn Geld, dass du in schöne Materialien stecken kannst und Platz, der in deiner Hobbybuchbinderei wahrscheinlich ein limitierender Faktor ist.
Wenn du allerdings dein Sparschwein schlachten und dir ein Gerät fürs Buchbinden besorgen möchtest, hast du die Auswahl zwischen mehreren Möglichkeiten:
Eine größere Presse
Zwar hab ich in der Bibliothek, die Anleitung für eine wunderbare Presse aus dem Baumarkt, aber vor allem, wenn du gerne große, schwere Bücher bindest, könnte diese nicht ausreichend sein. Dann lohnt sich die Anschaffung einer Buchpresse vom Beginn des letzten Jahrhunderts. Diese haben meistens eine Pressfläche, um die 30 x 30 cm und können einen gewaltigen Druck aufbauen. Außerdem haben sie einen wunderbaren antiken Charme und geben deiner Buchbinderei das gewisse Etwas. Diese Pressen findest du unter dem Suchbegriff Buchpresse auf Ebay ab 100€.
Ein Schneidegerät
Hier hast du die Wahl zwischen zwei Varianten: Die eine ist der Hebelschneider, die andere ein Stapelschneider.
Der Hebelschneider eignet sich zum Schneiden von Pappen, einzelnen Bogen Papier, Gewebe und Leder. Er nimmt dir die leidige Arbeit hab mit einem Cuttermesser so lange an einer Pappe herumzuschneiden, bis sie durchtrennt ist. Zudem haben die Hebelschneider einen Tisch mit Anlage für deinen Bogen. Das obere Messer ist so angebracht, dass es auf an der Hinteren Seite deines Geräts einen Drehpunkt hat. Beim Herunterdrücken läuft es gegen ein Untermesser, wie eine große Schere. Deswegen nennt man das Prinzip, mit dem ein Hebelschneider schneidet Scherenschnittprinzip.
Der Nachteil ist, dass das Material, das du schneiden möchtest zwar zäh sein kann, aber nicht dicker als 4 -5 mm. Einen Buchblock kannst du damit nicht beschneiden.
Dafür hingegen eignet sich der Stapelschneider. Bei diesem senkt sich das Messer in einer diagonalen Bewegung auf eine Schneidleiste herab. Dabei wird das vom Pressbalken fixierte Material durchtrennt unabhängig von seiner Dicke. Es entsteht ein glatter, sauberer Schnitt; vorausgesetzt dein Messer ist scharf und ohne Scharten.
Diese sind das Problem, wenn du in Versuchung bist, Pappe mit einem Stapelschneider zu schneiden. Die harten Füllstoffe in der Pappe machen das Messer schnell stumpf und hauten Scharten in die empfindliche Klinge.
Bei einem Stapelschneider muss das Messer häufiger zum Schleifen, denn es nutzt sich schneller ab, vor allem, wenn du einen superglatten Schnitt wie für einen Goldschnitt brauchst. Der Hebelschneider ist deutlich pflegeleichter und hat damit die geringeren laufenden Kosten. Bei ihm merkst du erst nach jahrelanger Benutzung, dass die Messer mal zum Schleifen müssen.
Welches Gerät du dir als als Nächstes für deine Buchbinderei anschaffst, ist also Geschmacksache und die Entscheidung kannst du nach deinen Vorlieben treffen.
Wie sieht deine Buchbinder-Werkstatt bisher aus? Erzähle den anderen Selberbuchbindern und Selberbuchbinderinnen in den Kommentaren davon.
Apropos gepflegter Austausch: Wusstest du, dass es im Zirkel der Selberbuchbinder eine große Austauschplattform, das Forum, gibt, auf dem die Mitglieder ihre Projekte teilen und sich untereinander mit Anleitungen, Tipps und Ideen aushelfen. Ich bin natürlich auch zugegen und gebe meinen Leim dazu.
Das mache ich natürlich an meinem Schreibtisch, der mittlerweile direkt bei meinem Werktisch steht, damit ich schnell dazwischen hin und her wechseln kann.
Was denkst du?