Bevor du dein Buch mit einem Leder überziehen kannst, muss die Tierhaut gegerbt werden. Die Gerbung verhindert den natürlichen Verfall der Haut und macht das Leder für Jahre geschmeidig.
Die Lederherstellung ist ein altes Handwerk und durch industrielle Fertigung seltener in Deutschland als die Buchbinderei. Weltweit ist die handwerkliche oder semi-handwerkliche Gerberei noch verbreitet, vor allem von kleineren Fellen wie Ziege, Wild oder exotischen Ledern.
Buchbinder nutzen am liebsten dünne Leder - glatt oder mit ausgeprägter Narbung, das sich wenig dehnt und leicht schärfen lässt. Diese Eigenschaften treffen am meisten auf Leder zu, die mit pflanzlichen Gerbstoffen hergestellt wurden.
Schritte der Lederherstellung
1. Lagern und Sortieren
Die Rohware, also die Felle der frisch geschlachteten Tiere, wird vor sortiert, um unbrauchbare Stücke von vornherein auszuschließen.
Felle, die zu klein und zu stark beschädigt werden gar nicht erst eingelagert. Danach werden die Felle mit Kochsalz konserviert oder im Kühlraum aufbewahrt.
2. Weichen
Die Rohware wird von Schmutz und Konservierungssalz gereinigt und erhalten ihren ursprünglichen Wassergehalt zurück. Dies ist wichtig für die Weiterverarbeitung.
3. Äschern
Beim Äschern werden die Haare von der Rohhaut gelöst und der Fettanteil wird reduziert. Hier werden maßgeblich die Eigenschaften des zukünftigen Leders beeinflusst. (Für weicheres Leder-> längeres Äschern).
Früher wurde für das Äschern Asche verwendet, daher der Name der Technik. Heute wird Calciumhydroxid und Natriumsulfid beim Äschern dazugegeben. Durch die Chemie bei der heutigen Lederherstellung können Umweltschäden entstehen, wenn die Abwässer aus einer Gerberei nicht aufbereitet wird.
4. Entfleischen und Spalten
Durch eine scharfe Messerwalze werden übrige Gewebe-, Fleisch- und Fettreste von der Haut entfernt, die nach dem Äschern Blöße genannt wird.
Dickes Leder, zum Beispiel Rind, wird in 2 oder 3 Schichten gespalten.
Der wertvollste Spalt hiervon ist der Narbenspalt, der die ursprünglich Narbung behält. Allerdings sind hier drauf auch mögliche Fehler wie Stiche und Narben zu sehen. Dieser Spalt wird als der Teuerste verkauft.
Die mittlere Schicht heißt Zwischenspalt und die unterste Fleischspalt. Diese werden auf die gleiche Weise verarbeitet und nach der Gerbung als Spaltleder bezeichnet.
In Spaltleder wird entweder eine künstliche Narbung geprägt oder es wird als Velour- beziehungsweise “Wild”-Leder verkauft.
Die Qualität ist in der Festigkeit geringer, dafür ist dieses Leder deutlich günstiger als der Narbenspalt.
Als Vollleder werden die Leder bezeichnet, die nicht gespalten wurden.
5. Beizen und Pickeln
Beim Beizen wird die Blöße auf das Gerben vorbereitet und die Fasern für die Gerbstoffe aufnahmefähiger gemacht. Umso weicher das Leder werden soll, desto länger wird die Beize durchgeführt.
Beim Pickeln wird durch die Zugabe von Ameisen-, Salz-, Essig- oder Milchsäure die Blöße auf den sauren pH-Wert der Gerbung eingestellt. Dies vereinfacht vor allem die heute meist angewendete Chromgerbung.
6. Gerben
Das Gerben ist der entscheidende Arbeitsschritt bei der Lederherstellung. Er dauert ca. 20 Stunden und wird in einem Gerbfass oder einem Becken durchgeführt. Entscheidend hierbei sind die zugegebenen Gerbstoffe, die später Haptik, Färbung und Verarbeitbarkeit bestimmen. Beim Gerben wird die Zersetzung der Haut gestoppt und die sich auflösenden Bindungen zwischen Molekülen chemisch durch Gerbstoffe ersetzt.
Verschiedene Gerbstoffe
Es gibt verschiedene Arten an Gerbstoffen, die zu den zu gerbenden Häuten hinzugegeben werden.
Pflanzliche Gerbstoffe
- Gerbstoffe aus Quebracho, Kastanienholz, Sumach (Essigbaum) oder Maulbeerbaumrinde
- Bezeichnungen: Brühen, Grubengerbung, Lohgerbung
- Leder, die mit pflanzlichen Gerbstoffen gegerbt wurden, haben eine meist braun-rötliche Färbungen, die manchmal nicht weiter gefärbt, sondern in seiner natürlichen Form beibehalten wird.
Tierische Gerbstoffe
- Eiweiße aus Innereien und Gehirn, Urin, Fischtran und Talg
- Bezeichnung: Sämischgerbung
- hauptsächlicher Einsatz bei Wildhäuten und Schafspalt für weiche Leder
- findet kaum Verwendung in der Buchbinderei (selten zum Ausfüttern von Kassetten)
Mineralische Gerbstoffe
- Alaun, Kochsalz; Chrom (Chromgerbung)
- Bezeichnung: Weißgerbung oder Chromgerbung
- Weißgerbung werden häufig bei Schweinsleder eingesetzt
Synthetische Gerbstoffe (Kombinationsgerbung)
- Systhane und Aldehyde
- pflanzliche und synthetische Gerbstoffe werden kombiniert, um bessere Ergebnisse zu erhalten: die Schärfbarkeit des Leders wird verbessert
- heutzutage das meist angewandte Gerbverfahren
7. Färben
Die natürliche Farbe eines Leders hängt von den eingesetzten Gerbstoffen ab.
- Pflanzliche Gerbstoffe = rötlich-braune Färbung
- Weißgerberei = weiße Färbung
- Chromgerbung = bläuliche Färbung
- Fettgerbstoffe (Tran/Talg)= gelbliche Färbung
Die meisten Leder werden nach der Gerbung gefärbt. Hierbei wird zwischen durchgefärbtem Leder und Oberflächenfärbung unterschieden.
8. Ausrecken
Das Leder wird aufgespannt in einen großen Rahmen aufgespannt und und gestreckt, damit es größer wird und faltenfrei trocknen gelassen.
9. Falzen
Das Leder wird per Hand oder mit einer Schärfmaschine auf eine einheitliche Dicke gebracht. Dieser Vorgang wird Falzen genannt, hat aber nichts mit dem Falzen aus der Buchbinderei zu tun.
10. Stollen
Das Leder wird vom Gerber mechanisch an einem Stollpfahl oder mit einer Maschine gedehnt und gestreckt. Das Leder soll weich und geschmeidig sein. Dabei wird die Narbung nicht geglättet, da sie meisten gewollt ist und ein Qualitätsmerkmal darstellt.
11. Zurichten des Leders
Nachdem das Leder nun eigentlich fertig ist, wird es zuletzt an seiner Oberfläche behandelt.
Es bekommt in der Zurichtung den letzten Schliff durch einen oder mehrere dieser Schritte:
- Blanchieren: Ein letztes Entfernen von Unregelmäßigkeiten auf der Fleischseite
- Glanzstoßen: Die Oberseite des Leders wird mechanisch geglättet bis sie glänzt.
- Levantieren: Die natürlichen Narbung wird herausgearbeitet und hervorgehoben
12. Kontrolle
Das Leder wird auf einheitliche Dicke, Fehler, Stabilität und Färbung geprüft.
Übrigens: Leder ist nicht immer gleich schlechtes Leder. In Deutschland gibt es industrielle Gerbereien, die ihre verwendeten Chemikalien in einem geschlossenen System halten. Als Alternativen gibt es "vegane" Leder, die aus Kunststoff oder Pflanzenfasern hergestellt werden.
Narbungen
Bei der Gerberei wird festgelegt, ob das Leder glatt oder genarbt wird. Das Hervorheben der Narbung erfolgt durch die Abschreckung der Blößen mit heißem Wasser, wodurch sehr grobnarbige Leder entstehen.
Für ein glattes Leder wird normal gegerbt und das Fell später mit dem Auftragen einer Politur und an einer Glanzstoßmaschine mit einer Glasrolle geglättet.
Das Herausarbeiten der natürlichen Narbung erfolgt mit einem Levantierholz oder einem Krispelholz (kork beschichtetes Brett)
Bezeichnung für die Narbungen:
Für den Fall, dass Narbung künstlich aufgebracht oder vertieft wird, sind Begriffe für die unterschiedliche Intensität entstanden. Diese Bezeichnungen werden auch für natürliche Narbungen und zum Teil für Stoffe übernommen.
- chagrin: Durch das Einpressen von Körnen in das feuchte Leder wird eine feine, enge Narbung erzeugt. Eine echte Chagrin-Narbung kommt bei Haien vor
- demi grain: Eine halbfeine Narbung, die zwischen chagrin und grosgrin liegt
- grosgrain: Eine tiefe Narbung mit großen “Schluchten” und großen “Plateaus”
- écrasé oder maroquin écrasé: Eine niedergepresste Narbung, die durch das Pressen dunkler als das Leder auf den “Plateaus”
Leder ist ein umfangreiches Thema und dazu eine hervorragende Leinwand vielfältige Dekor-Techniken.
Wie du Leder um deinen Bucheinband bekommst, kannst du im Zirkel der Selberbuchbinder lernen.
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