Du kennst vielleicht ein solches Buch, wie das kleine Rote auf dem Bild.
Doch wie werden die eigentlich gebunden?
Technisch gesehen ist die Bindung eine Variante der Langstich-Heftung mit überkreuzten Bünden.
Der Einband ist nach arabischer Art mit einer Klappe, die den Vorderschnitt schützt. Das Dekor ist mit den Blindprägungen, einem eingelassenen Halbedelstein und einer Lederwickelung. Dieses Design ist für diese Mittelalter-Bücher typisch, auch wenn sie in einer weiten Variantenvielfalt verfügbar sind. Du kannst sie in unterschiedlichen Formate und Mustern kannst du auf Mittelaltermärkten oder in Online-Shops finden. Oder selber machen.
Die Langstich-Heftung ist zwar eine Binde-Art aus der klassischen Buchbinderei, aber wird heute nicht mehr häufig angewandt. Eigentlich heißt sie Akten-Heftung und wurde historisch gesehen von den Ordnern und den einfach zu bedienen Mechaniken verdrängt. Sie wurde verwendet einzelne Papierbogen in feste Mappen einzuheften. Immerhin heißt es heute noch abheften und nicht "abordnern".
Mit der Langstichheftung werden die Lagen einzeln mit dem Umschlag verbunden; schließlich sollen die abgehefteten Dokumente einfach entnommen werden können.
Das ist heute vielleicht nicht mehr so bedeutend, aber die umgekehrte Möglichkeit weißt Ähnlichkeiten zu der Funktion eines Travlers Journal auf. Bei diesen Hüllen sind am Rücken mehrere Gummibänder gearbeitet, unter denen du Hefte durchschieben kannst, damit sie in der Hülle bleiben. Bei der Langstich-Heftung ist das ebenfalls möglich, auch wenn das Einheften der Lage ein wenig aufwendiger ist.
Wichtigste Materialien
- Leder (im Prinzip geht jedes Leder, bei der Vorlage ist es ein Vollleder von 4-5 mm Dicke)
- Lagen aus Papier (bei dem Vorlage-Buch ist es Büttenpapier, allerdings ungeleimt, wodurch Tinte stark verläuft; ich habe Maschinen-Büttenpapier für den Buchblock genommen)
- Ein dicker Faden (Bäckergarn oder dicker Buchbinde-Zwirn)
Format
Ich habe noch nie eine Langstichheftung gemacht, das hält mich jedoch nicht auf. Rotes Leder finde ich in meiner Reste-Kiste, also starte ich einen Technik-Test. Das Dekor und die Klappe lasse ich dabei erstmal außer Acht.
Die Bindung selber ist einfach und durch das dünnere Leder bleibt den Einband flexibel.
Als Faden habe ich Stopf-Faden hergenommen, der schön glänzt und sehr stabil ist.
Bei der ersten und letzten Lage habe ich getestet, was passiert, wenn ich die erste bzw. letzte Seite mit dem Leder verklebe. Die Heftung und das ganze Buch wird dadurch stabiler. Der Nachteil ist sicherlich, dass ich diese Lagen nicht austauschen kann.
Ich hab allerdings noch ein paar Wörter zu der Langstich-Heftung vom Mittelaltermarkt
Jedes Mal, wenn ich auf einen Mittelaltermarkt geht, gerät mein Buchbinderherz in Rage. An den Ständen werden kleine "Bücher" feilgeboten, jedes mit einem Umschlag aus rotem Leder und unterschiedlichem Dekor. Optisch sind sie vielfältig: mit eingelassenen Halbedelsteinen, Blindprägungen mit klassischen Motiven und Ausschnitten.
Doch das geübte Auge erkennt auf den ersten Blick mehr. Das Leder ist von schlechter Qualität, steif, ein bisschen dick für den Einsatzzweck und an manchen stellen unsauber verarbeitet. Und damit meine ich keine Ungenauigkeiten bei der Prägen und Unregelmäßigkeit bei den Ausschnitten, sondern grobe Schnitzer, die beim Zuschneiden das Materials entstanden sind.
Das lässt sich halt nicht übertünchen, indem man Leder von mieser Qualität und schlechter Verarbeitung mit dieser typischen roten Farbe färbt.
Ich weiß, dass diese Bücher in Asien gefertigt werden, wahrscheinlich von Menschen, die sich die Veranstaltung, bei denen sie dann verkauft werden, nicht im Geringsten vorstellen können. Die mit europäischer Buchbinderei nichts anfangen können, sondern im Gegenteil eine faszinierende eigene buchbinderische Kultur haben.
Wie sollen sie erkennen, was für uns in Europa ein ideales Buch ist?
Sie produzieren es so günstig wie möglich, damit es hierzulande einen guten Absatz finden kann. Dass wir über die Schwächen der Qualität hinweg sehen und einfach zugreifen, für die paar Euro. Und cool sieht es ja auch aus...
Jedoch haben klassische Bücher nach den Regeln der europäischen Buchbinderei keine Chance, die (meistens) höhere Ansprüche an Material und technischen Einsatz haben. Und sei es weil der Produzent sich besser in die potenzielle Anwendung hineindenken kann.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass alle Seiten damit glücklich werden. Früher oder später werden die Qualitätsmängel offensichtlich: das Leder wird am Knick rissig (auch Leder kann brechen!) und das Papier lässt sich nur widerwillig beschreiben.
Und es ist auch nicht die Erfüllung eines Handwerkers Objekte herzustellen, die die Ideale einer fremden Kultur widerspiegeln, statt seiner eigenen Kunst nachzugeben.
Ich hoffe, dass sie wenigstens ihren Lebensunterhalt gut damit bestreiten können.
Nicht umsonst widmet sich im Zirkel der Selberbuchbinder ein ganzes Kapitel den Gedanken und der Planung vor dem Binden eines Buches. Warum und wofür ein Buch gebunden wird, beeinflusst Technik und Material auf eindrückliche Art und Weise.
Was denkst du?