Vor 10 Jahren bin ich Buchbinderin geworden. Na gut, fast. Ich habe meine Buchbinder-Ausbildung begonnen.
Ich kann es gar nicht fassen, dass es so lange her ist, dass mich der Duft von Leder und Leim in den Bann geschlagen hat.
Doch wie bin ich eigentlich auf die Idee gekommen Buchbinderin zu werden? Denn die größte Frage war: "Buchbinder? Gibt's das noch?"
Buchbinder - gibt's das noch?
Ganz ehrlich; ich hatte auch keine Ahnung, dass es noch Buchbinder gibt. Also irgendwer macht bestimmt die Bücher, die in Buchhandlungen auslagen und sich in meinen Regalen stapelten. Doch in meinem Kopf sah ich ein lärmendes Ungetüm, das identische Bücher ausspuckte. Menschen waren zu Knöpfchendrückern degradiert. Ganz so schlimm ist es in der Realität nicht, aber in meiner Vorstellung gab es einen zu geringen Bezug zu dem einzelnen Produkt in der Druckweiterverarbeitung.
Ich wollte etwas Handwerkliches manchen und schwankte schon Richtung Schreinerei, als ich entdeckte, dass es noch handwerklich arbeitende Buchbinder gibt.
Problem - kein Ausbildungsstelle in Sicht
Ich schmiss die Suchmaschine an und war promt ernüchtert; Ausbildungsstellen als Buchbinderin in Einzel- und Sonderfertigung waren rar. Ich konnte drei Bewerbungen verschicken und wurde zu Gesprächen eingeladen. Aber der Erfolg blieb aus.
Das Ausbildungsjahr begann und ich verlor die Hoffnung, dass ich in diesem Jahr noch einen Platz bekommen würde.
Zeit verging. Im Dezember 2008 tauchte eine Anzeige auf, dass es mitten im Lehrjahr noch einen Ausbildungsplatz gab. In München. Quasi ab sofort. Ich wusste, das war meine Chance. Also schrieb ich die Bewerbung. Ich reiste für den Probetag nach München und dann noch ein weiteres Mal, um einen Platz zum Wohnen zu finden. Denn sie hatten mich angenommen.
Am 1.2.2009 begann meine Ausbildung.
Bücher binden - der Alltag in einer Buchbinderei
Die ersten Tage waren hart. Als Schülerin war ich das drücken der Schulbank gewöhnt, aber keine körperlich Arbeit. Ich wurde sofort in den Alltag der Buchbinderei geworfen und lernte das Klebenbinden von Zeitschriften. Auch in einem Handwerksbetrieb werden gleiche Arbeitsabläufe in Serie geschaltet, damit die Vorbereitungszeiten verteilt werden. Nach einer Woche klebebinden, durfte ich schon beim Deckenmachen helfen.
Alles in allem kann ich sagen, dass ich von Anfang an bei allen Tätigkeiten dabei war. Wenn ich selber noch nicht ran durfte, konnte ich zugucken. Ich fühlte mich wirksam und vom ersten Tag ein als Teil des Team. Kurz um ich fühlte mich wohl und habe in den zweieinhalb Jahren unheimlich viel gelernt. Eins der Übungsstücke während der Ausbildung ist eine Werkzeugschachtel, in der ich meine persönlichen Werkzeuge aufbewahren konnte.
Wieder in die Schule
Wie die meisten Handwerksausbildungen ist auch das Buchbinderhandwerk dual organisiert. Heißt, ich musste wieder in die Schule und da ich ein halbes Jahr später als meine Mitschüler einstieg, hatte ich ein bissl Schiss, dass ich zu viel Unterrichtsstoff verpasst hätte. Kurzum, diese Sorge war unberechtigt.
Der Unterricht findet zusammen mit den Buchbindern aus der Druckweiterverarbeitung statt. Die Handwerksbuchbinder stellen keine ganze eigene Klasse; in meinem 1. Lehrjahr waren wir zu zweit; am Ende des dritten Jahres zu fünft.
Der Unterricht fand im Blockunterricht statt und zog alle Auszubildenden aus dem Süden Deutschlands zusammen.
Mathe, Deutsch und Ethik sind die allgemein bildenden Fächer, die durch Fach- und Maschinenkunde, Gestaltung und technisches Zeichen und Typografie spezialisiert wurden. Ergänzend enthielt der Fachunterricht praktische Unterrichtseinheiten, wo wir grundlegende Buchbindetechniken gelernt haben.
Zweieinhalb Jahre und zwei Prüfungen
Während der Buchbinder Ausbildung finden zwei Prüfungen statt. Die Zwischenprüfung enthält einen theoretischen Teil und die praktische Umsetzung eines Buchbinde-Projekts, wobei sie aus einem Teil bestand, den ich in meinem Betrieb umsetzten konnte. Dazu kam eine Fertigung eines zuvor unbekannten buchbinderischen Projekts in der Prüfung selber.
Die Gesellenprüfung lief ähnlich ab; mehrtägigen theoretischen Prüfung folgte der praktische Teil. Das Projekt dafür konnte ich vorher planen, einen entsprechenden Buchblock und Material beschaffen. Auswählen konnte ich dabei zwischen vorgegebenen Umfang, wie zum Beispiel einem Halblederband, Edelpappband, Buch mit Schuber oder einer aufwändigen Schachtel.
Ich wählte den Halblederband und blätterte meine Lieblingsbücher durch, ob ein fadengehefteter Band dabei ist. Kurz ich hab ihn gefunden und bevor ich hier viele Worte verliere, zu beschreiben was nicht zu beschreiben ist, bitte ich dich auf morgen zu warten. Dann werde ich eine umfangreiche Fotoreihe und eine Beschreibung meines Gesellenstücks online stellen. Du kannst es nicht verpassen, wenn du dich für meinen Newsletter anmeldest und mir auf meinem Weg begleitest.
Würde ich den Weg, den ich damals gegangen bin, wieder gehen? Dafür gibt es ein großes JA!
Würde ich empfehlen, heute mit einer Ausbildung zum Buchbinder zu beginnen? Es kommt darauf an was du möchtest. Wenn du alte Bücher liebst und dich in die Richtung Restauration begeben möchtest, ist die handwerkliches Ausbildung die perfekte Basis. Danach kannst du spezielle Weiterbildungen machen und findest bestimmt einen Job im Staatsdienst.
Wer "nur" handwerklich Arbeiten möchte, hat es schwerer. Durch die häufige Zusammenarbeit mit Werbeagenturen unterliegst du dem Druck dieser Branche und bist ganz unten in der Nahrungskette. Auch dein Gehalt könnte besser sein.
Du hast so wie so das Ziel selbstständig oder künstlerisch zu arbeiten? Dann bleibt auf Selberbuchbinden.de und probiere aus und lerne. Du brauchst keine abgeschlossene Ausbildung, um Buchkünstler zu werden.
Michaela Rathmanner
Franja Marske
und? Wie war's?
Liebe Grüße
Was denkst du?